8. Überleben der Arten und Nach-Flut-Ökologie

"Er rottete alle Lebewesen aus, die auf dem Erdboden waren." lehrt die Bibel (Gen. 7:22). Wenn die Sintflut, wie beschrieben, ablief muß das eine Untertreibung gewesen sein.

Wie überlebten alle modernen Pflanzen?

Wie konnten alle Fische überleben? Manche Fische brauchen kühles, klares Wasser, andere brauchen Brackwasser, wieder andere Salzwasser, einige sogar Wasser mit noch höheren Salzgehalt. Die Sintflut hätte zumindest einige dieser Lebensräume vernichtet.

Wie konnten empfindliche Meeresorganismen wie Korallen überleben? Weil die meisten Korallen im Flachwasser leben, hätte die Trübung, die durch Abschwemmung von Landmassen entstanden wäre, diese vom Sonnenlicht abgeschnitten. Der Schlamm, der die Riffe nach den Regenfällen bedeckt hätte, würde diese abtöten. Nebenbei, die Raten, mit denen Korallen Kalk ablagern, sind gut bekannt und einige gut ausgebildete Riffe (beispielsweise das Great Barreer Riff) müssen mindestens einige Jahrmillionen lang existiert haben, um ihre beobachtete Dicke zu erreichen.

Wie konnten die Krankheitserreger überleben? Viele Krankheitserreger können nur im Menschen überleben. Wieder andere können nur in Menschen oder in kurzlebigen Arthropoden, die sie auf den Menschen übertragen, überleben. Diese Liste umfaßt Typhus, Masern, Pocken, Polio, Gonorrhoe, Syphilis. Wenn diese Krankheiten die Flut überlebt haben sollten, müßte jeweils mindestens einer der acht Bewohner der Arche damit infiziert gewesen sein.

Auch andere Tiere an Bord der Arche mußten an vielfachen Krankheiten leiden, weil es auch Erreger gibt, die nur bestimmte Tierarten befallen, und auch die nichtspezifischen Erreger mußten ja irgendwo sein.

Wirtsspezifische Erreger, die ihre Wirte nicht töten, können üblicherweise nicht lange überleben, weil das Immunsystem des Wirts diese vernichtet (das trifft allerdings nicht auf Krankheitserreger zu, die sich, wie HIV oder der Malaria-Erreger, vor dem Immunsystem verstecken können). Masernviren beispielsweise können nicht mehr als ein paar Wochen in einer Population überleben, die weniger als 250,000 Individuen aufweist [Keeling & Grenfell, 1997], weil sie nicht-resistente Wirte zum Infizieren brauchen. Da die Größe der menschlichen Population auf der Arche etwas niedriger als 250,000 war, wären Masern und andere Krankheitserreger während der Sintflut ausgestorben.

Einige Krankheitserreger, die eine große Zahl von Arten befallen können, hätten an Bord der Arche ideale Bedingungen für die Ausbreitung in Form einer Seuche gefunden. Vogel-Viren beispielsweise hätten viel Vögel der Arche befallen können. Andere Erreger hätten die Säuger und Reptilien infiziert. Aber auch diese Krankheitserreger wären ausgestorben, da alle ihre möglichen Wirte nach der Flut entweder tot oder resistent waren.

Wie überlebten die kurzlebigen Arten? Erwachsene Eintagsfliegen auf der Arche wären innerhalb von ein paar Tagen gestorben, die Larven vieler Eintagsfliegen brauchen flaches Fließwasser. Viele andere Insekten hätten ähnliche Probleme gehabt.

Wie konnten mehr als eine Handvoll Arten in einer total zerstörten Umgebung überleben? Die Sintflut hätte die Nahrungsgrundlagen und die Lebensräume zerstört, die die meisten Tiere zum Überleben brauchen.

Wie konnten Beutegreifer überleben? Wie konnten mehr als ein paar der Beutegreifer an Bord der Arche überleben, wenn ihnen nur jeweils ein Paar ihrer Beutetiere als Nahrung zur Verfügung stand? Alle Beutegreifer an der Spitze der Nahrungspyramide benötigen eine größere Zahl von Beutetieren, die sich unter ihnen auf der Nahrungspyramide befinden, die ihrerseits wieder viele Beutetiere benötigen und so weiter, bis schließlich die Primärproduzenten (meist Pflanzen) an der Basis der Pyramide kommen. Und wenn die Beutegreifer überlebten, wie überlebten die anderen Tiere dann die Bejagung?

Wie konnten mehr als einige wenige Arten zufällige Einflüsse überleben, die Populationen beeinflussen? Isolierte Populationen, die weniger als 20 Individuen aufweisen, sind üblicherweise zum Aussterben verdammt, selbst wenn außergewöhnliche Schutzmaßnahmen getroffen werden. [Simberloff, 1988]

Quellenangaben

Benzing, D. H., 1990. Vascular Epiphytes. Cambridge University Press, Cambridge.

Densmore, R. and J. Zasada, 1983. Seed dispersal and dormancy patterns in northern willows: ecological and evolutionary significance. Canadian Journal of Botany 61: 3207-3216.

Garwood, N. C., 1989. Tropical soil seed banks: a review. pp. 149-209 In: Leck, M. A., V. T. Parker, and R. L. Simpson (eds.), Ecology of Soil Seed Banks, Academic Press, San Diego

Keeling, M.J. & B.T. Grenfell, 1997. Disease extinction and community size: modeling the persistence of measles. Science 275: 65-67.

Simberloff, Daniel, 1988. The contribution of population and community biology to conservation science. Annual Review of Ecology and Systematics 19: 473-511.



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