Spezielle Beispiele: Wenn radiometrische Datierung 'gerade
so' funktioniert (oder gar nicht)
Ein Beispiel, in dem radiometrische Datierung schlecht funktioniert
Es gibt viele Situationen, in denen radiometrische Datierun nicht möglich ist,
oder in denen entsprechende Versuche mit großen Schwierigkeiten verbunden
sind. Bei Gesteinen, die schon eine mehrmillionen Jahre lange Geschichte hinter
sich haben, sind bestimmte Dinge unvermeidlich: nicht alle werden ihr Ursprungsalter
konservieren, nicht jeder Stein wird eine geeignete Chemie und Mineralogie aufweisen,
keine Probe ist vollkommen und es gibt keine Datierungsmethoden, die Gesteine jeglichen
Alters oder Typs bestimmten kann. Methdoden beispielsweise, die auf sehr langsamen
Zerfallsraten beruhen, werden sich für junge Gesteine schlecht eignen oder
Gesteine, die wenig Kalium enthalten, werden für eine Kalium/Argon-Datierung
ungeeingnet sein. Die eigentlich interessante Frage lautet, was wird man finden,
wenn die Bedingungen ideal sind und was, wenn sie grenzwertig sind, denn die idealen
Proben sollten die zuverlässigsten Daten ergeben. Wenn es gute Gründe
dafür gibt, Probleme zu erwarten, ist es kaum verwunderlich, wenn welche auftauchen.
Im Anhang seines Buchs Bones of
Contention" book (1992), betitelt 'Dating Game', schildert Marvin Lubenow
ein Beispiel dafür, was geschieht, wenn ein geologisch komplizierte Probe datiert
wird -- sie kann sehr schwer zu deuten sein. Er diskutierte den 'KBS-Tuff' aus der
Nähe des Turkana-Sees in Afrika, der aus mehrfach abgelagerter Vulkanasche
besteht. Er enthält eine Mischung aus Mineralien aus Vulkanausbrüchen
und erodierten Mineralbröckchen aus anderen, älteren Gesteinen. Es handelt
sich daher um eine vergleichsweise 'junge' Probe, deren Alter im Bereich der praktisch
gerade noch möglichen Grenze der verwendeten radiometrischen Methode (konventionelle
K/Ar-Datierung) lag, vor allem zur Zeit der ersten Datierungsversuche im Jahre 1969.
Wäre das Alter dieser Schicht nicht so äußerst wichtig gewesen,
weil in diesem Bereich menschliche Fossilien gefunden wurden, hätte man vermutlich
niemals versucht, sie zu datieren, weil man die Probleme kannte. Nach einigen ursprünglichen
und sich über viele Jahre hinziehenden Schwierigkeiten gelang es schließlich,
die Schicht erfolgreich zu datieren, indem man die Proben sehr sorgfältig von
den erodierten Mineralien reinigte. Lubenow's Arbeit ist einzigartig, indem der
den üblichen wissenschaftlichen Prozeß der Korrektur einer schwierigen
Datierung als ein willkürliches und unangemessenes 'Spiel' beschreibt und darüber
hinaus die Geschichte dieses Vorgangs detailliert so darstellt, als seien solche
Schwierigkeiten der Normalfall. Ein weiteres Beispiel ist John Woodmorappe's Veröffentlichung
über radiometrische Datierung (1979), das sich dem
Problem in Form einer 'Zusammenstellung' nähert und die einzelnen Daten nur
oberflächlich beschreibt. Neben anderen Schwierigkeiten, die in einer
FAQ
von Steven Schimmrich beschrieben werden, vernachlässigen viele von Woodmorappes
Beispielen die geologischen Komplexitäten, aufgrund derer man erwarten mußte,
daß bestimmte Proben Probleme bei der radiometrische Datierungen verursachen
würden.
Ein Beispiel für eine erfolgreiche radiometrische Datierung
Im Gegensatz dazu schildert das folgende Beispiel eine geologisch
einfache Situation -- sie besteht aus einigen primären (das heißt, nicht
wiederholt abgelagerten) Ablagerungen von vulkanischer Asche mit einer Reihe von
verschiedenen datierbaren Mineralien (man kann dann verschiedene Mineralien mit
verschiedenen Methoden datieren), die man in fossil-führenden Sedimentgesteinen
im westlichen Nordamerika gefunden hat. Es zeigt deutlich, wie konsistent die radiometrischen
Daten sein können, wenn die Gesteine für eine Datierung geeigneter sind.
For die meisten Proben wie diese funktioniert die radiometrische Datierung problemlos.
Betrachten Sie den stratigraphischen Schnitt aus der Bearpow Formation aus Saskatechwan,
Kanada (Baadsgaard
et al., 1993):
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Abbildung 3. Lithostratigraphie (d.h. die Sedimentgesteine),
Biostratigraphie (Fossilien) und radiometrische Daten der Bearpaw Formation, südliches
Saskatchewan, Kanada. Verändert nach Baadsgaard
et al., 1993. Die Folge ist in Metern gemessen, beginnend
mit 0 m am Grund (älteste Schicht).
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Diese Fundstelle ist bedeutsam, weil sie eine Grenze für
das früheste Auftreten eines bestimmten Ammoniten -- Baculites reesidei
-- setzt, der als Leitfossil im westlichen Nordamerika verwendet wird. Dieser Ammonit
tritt stets unter dem ersten Auftreten von Bacultes jenseni und über
dem Vorkommen von Baculites cuneatus im oberen Teil des Campanian auf, des
vorletzten Stadiums der Kreide-Periode in der globlaen geologischen Zeittafel. Die
biostratigraphische Situation kann als vertikal gepackte Folge von 'Zonen' zusammengefaßt
werden, die durch das erste Auftauchen jeder Ammoniten-Art abgegrenzt werden:
Abbildung 4. Zonen des Ammoniten Baculites
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Etwa 40 dieser Ammoniten-Zonen werden dazu verwendet, den oberen Teil der Kreide
in diesem Bereich zu unterteilen. In diesem Zeitabschnitt findet man auch Dinosaurier
und viele andere Arten von Fossilien, grob gesprochen entspricht er der Zeit kurz
vor dem Aussterben der Dinosaurier und aller Ammoniten. Die Bearpaw-Formation ist
eine marine Ablagerung, die sich über weite Teile Albertas und Sachkatechewans
erstreckt und sich nach Montana und Nord-Dakota in den Vereinigten Staaten fortsetzt.
Dort wird sie zwar anders benannt (Pierre Shale), was aber hauptsächlich historische
und politische Gründe hat, ohne größere geologische Unterschiede
zu bezeichnen.
Das Alter der obersten Ascheschickt wurde mit drei verschiedenen, voneinander unabhängigen
Methoden (K/Ar, U/Pb und Rb/Sr) und mit Hilfe bis zu dreier verschiedener Mineralien
(Feldspat, Biotit und Zirkon) bestimmt. Dabei erhielt man ein Alter von etwa 72,5
+/- 0,4 Millionen Jahre (Ma) (ein gewichteter Durchschnitt verschiedener Analysen.
Die angegebenen Zahlen sind Mittelwerte.) Die Ergebnisse für die untere Asche-Schicht
sind nicht so vollständig wie für die obere (nur die Rb/Sr-Isochron-Methode
-- die U/Pb-Isochrone war diskordant, was darauf hinwies, daß diese Mineralien
für die Altersbestimmung nicht geeignet waren) ergaben auch das erwartete Ergebnis
der Überlagerungs-Bedinungen -- sie ist etwa eine Million Jahre älter
(73,65 +/- 0,59 Ma), wenn man die Durchschnittswerte nimmt.
An anderen Fundstellen erhält man ähnliche Ergebnisse - das heißt
solche, die den Erwartungen aus der Stratigraphie entsprechen. Beispielsweise datierten
Baadsgaard and Lerbekmo (1988)
das Alter der Kreide-Tertiär (K/T)- Grenze, indem sie drei verschiedene Methoden
(K/Ar, Rb/Sr und U/Pb, wiederum unter Verwendung verschiedener Mineralien) verwendeten,
an drei unterschiedlichen Stellen in den USA und in Kanada. Theoretisch sollte die
K/T-Grenze jünger als die oben erwähnte Baculites reesidei-Zone
sein, weil die K/T-Grenze stratigraphisch über diesem Level, in dieser Zone
und weltweit, verläuft. Und das Ergebnis? 64,3 +/- 1 Million Jahre, wiederum
das gewichtete Mittel aus den drei Stellen und alle Ergebnisse stimmen mit einer
Genauigkeit von 1 Million Jahren untereinander überein. Die Ergebnisse stimmen
daher, im Rahmen der Meßgenauigkeit, die bei jeder Messung zu beachten ist,
sehr gut untereinander überein.
Eberth and Braman (1990) beschrieben die Wirbeltier-Paläontologie und Sedimentologie
der Judith River-Formation, einer dinosaurier-führenden Schicht, die stratigraphisch
unter der Baculites reesidei-Zone verläuft (die Judith River-Formation
ist unterhalb der Bearpaw-Formation). Sie sollte daher älter sein als Baadsgaard et al. (1993) herausfanden.
Eine Asche-Schicht nahe der oberen Grenze der Judith River-Formation ergab ein Alter
von 76,11 +/- 0,22 Ma, während eine fast 100 m tiefer liegende Schicht ein
Alter von 78,2 +/- 0,2 Ma ergab (Eberth
and Braman, 1990, figure 5). Auch diese Ergebnisse stimmen wieder genauso
mit dem Alter der Baculites reesidei-Zone und deren relativer stratigraphischer
Lage sowie mit der relativen Lage der beiden Proben innerhalb derselben Formation
überein.
Stimmen diese Daten mit der (damals gültigen) geologischen Zeittafel überein?
Harland et al. schlugen 1982
auf der Basis von damals verfügbaren Daten, vor den oben angeführten Untersuchungen,
eine Zeittafel vor. In der Abbildung finden Sie die Daten, die sie für die
Grenzen zwischen den geologischen Schichten angaben, im Vergleich zu den Werten
aus den neueren Arbeiten:
Sie können sich leicht davon überzeugen, daß die Angaben in der
äußerst rechten Spalte sehr gut mit den anderen Werten übereinstimmen.
Skeptiker der radiometrischen Datierungsmethoden behaupten manchmal, daß diese
Techniken nicht zuverlässig arbeiten sollten, oder das nur selten tun, aber
die angeführten Ergebnisse sind vergleichbar: für Intervalle, die im Bereich
von 70 bis 80 Millionen Jahren liegen sollten, liefern die radiometrischen Datierungen
keine Werte, die (beispielsweise) 100 oder 30 Millionen Jahre betragen, ganz zu
schweigen von 1000 Jahren, 100 000 Jahren oder einer Milliarde Jahren. In den meisten
Fällen liefert die Technik sehr gute Werte, zumindest in erster Näherung.
Es gibt allerdings auch einige kleinere Abweichungen. Die Kreide/Tertiär-Grenze
wird etwas unterschiedlich datiert, aber diese Abweichungen liegen innerhalb der
Meßgenauigkeit der Methoden, mit denen die neuen Daten gemessen wurden. Das
Alter für die Baculites reesidei-Zone ist mindestens 0,1 Millionen Jahre
entfernt (wenn man das Intervall der Grenzen der Unsicherheit der Daten berücksichtigt),
und ist unterhalb der Campanian/Maastricht-Grenze, es wäre daher leicht möglich,
daß die Inkonsistenz noch wesentlich größer wäre. Was
folgt daraus? Gut, die übliche naturwissenschaftliche Vorgehensweise ist, mehr
Daten zu sammeln und die möglichen Erklärungen zu testen -- stimmt die
Zeittafel nicht oder sind die Meßwerte falsch?
Obradovich (1993) hat eine
große Zahl sehr zuverlässiger radiometrischer Daten aus der Kreidezeit
gemessen und die geologische Zeittafel für dieses Intervall überarbeitet.
Er schlägt ein Alter von 71,3 Millionen Jahren für die Campanian/Maastrichtian-Grenze
oberhalb der Baculites jenseni-Ammonitenzone vor, die auf unabhängigen
Daten aus anderen Gebieten beruht. Das ist stimmt sehr gut mit den Daten aus Baadsgaard et al. (1993) überein,
was dafür spricht, daß das jüngere, revidierte Datum für die
Campanian/Maastrichtian-Grenze, das den Daten von Harland
et al. (1982) widerspricht, korrekt ist. Die anderen Datierungen sind mit einer
unteren Grenze für das Campanian von 83 +/- 1 Ma vereinbar, wie das von Harland et al. (1982) vorgeschlagen
wurde (und das Obradovich auf 83,5 +/- 0,5 Ma revidierte). Insgesamt sieht es so
aus, als ob die Bestimmung der Campanian/Maastrichtian-Grenze von Harland et al. (1982) etwas ungenau war, aber
alle anderen Angaben sind prinzipiell im Rahmen der Meßgenauigkeit konsistent.
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