Wenn ein Geologe eine Gesteinsprobe für eine radiometrische Datierung nimmt
oder ein Fossil einsammelt, gibt es unabhängige Grenzen für das relative
und absolute Alter der daraus resultierenden Daten. Die stratigraphische Position
ist offensichtlich, aber es gibt noch viel andere. Der Geologe hat keine Möglichkeit,
sich auszusuchen, welchen numerischen Wert eine radiometrische Datierung ergeben
wird oder an welcher Stelle in einer stratigraphischen Schicht er ein Fossil finden
wird. Jede Beobachtung, die so gewonnen wird, ist eine unabhängige Prüfung
dessen, was zuvor erforscht wurde. Die Daten werden durch die Gesteine bestimmt,
nicht durch die vorgefaßten Meinungen darüber, was man finden wird. Jedes
Aufsammeln eines Steins ist ein Test der Vorhersagen, die durch das gegenwärtige
Verständnis der geologischen Zeittafel gemacht wird. Die Zeittafel wird
verfeinert, um die relativ wenigen und zunehmend kleineren Inkonsistenzen zu berücksichtigen,
die man findet. Das ist keine Zirkularität, es ist der übliche
naturwissenschaftliche Vorgang der Vertiefung des Verständnisses durch neue
Daten. Das geschieht in allen Naturwissenschaften.
Wenn ein abweichender Meßwert gefunden wird, stellen sich die Geologen die
Frage: 'Ist dieser Meßwert falsch oder zeigt er an, daß die zur Zeit
gültige geologische Zeittafel falsch ist?' Im Allgemeinen ist ersteres wahrscheinlicher,
denn für das zur Zeit gültige System wurde eine sehr große Datenmenge
verarbeitet. Es ist außerdem nicht zu erwarten, daß jeder Stein sein
Isotopensystem über die Jahrmillionen perfekt erhalten hat. Diese statistische
Wahrscheinlichkeit wird nicht einfach angenommen, sie wird getestet,
üblicherweise durch andere Methoden (beispielsweise andere radiometrische Datierungen
oder andere Typen von Fossilien), detailliertere Nachuntersuchung der inkonsistenten
Daten, Sammeln besserer Proben oder durch Wiederholung der Messung. Die Geologen
suchen nach einer Erklärung der Inkonsistenz und entscheiden nicht einfach
willkürlich, daß 'die Daten falsch sein müssen, weil sie im Widerspruch
zur geltenden Zeittafel stehen'.
Wenn es sich um eine kleine, aber signifikante Inkonsistenz handelt, könnte
diese anzeigen, daß die geologische Zeittafel eine kleine Revision benötigt.
Das geschieht ständig. Die fortgesetzte Revision der Zeittafel als Ergebnis
neuerer Daten zeigt, die Geologen gewillt sind, selbige infrage zu stellen
und zu korrigieren. Die geologische Zeittafel ist bei weitem kein Dogma.
Wenn die neuen Daten aber stark abweichen (mit 'stark' meine ich Größenordnungen),
ist es viel wahrscheinlicher, daß die neuen Daten problematisch sind, aber
die Geologen sind nicht zufrieden, bevor sie eine echte geologische Erklärung
für die Abweichung gefunden und geprüft haben. Eine Inkonsistenz bedeutet
oft, daß etwas geologisch Interessantes passiert, und es besteht immer eine
geringe Wahrscheinlichkeit, daß hier die Spitze einer Revolution im Verständnis
der Erdgeschichte vorliegen könnte. Zugegeben, diese Möglichkeit ist SEHR
gering. Die Wahrscheinlichkeit, daß das allgemeine Verständnis der geologischen
Geschichte (beispielsweise, daß die Erde Millarden von Jahren alt ist) sich
ändert, ist praktisch Null. Die Datenfülle, die obige Interpretation stützt
ist gewaltig, sie stammt aus vielen Bereichen und Methoden (nicht nur der radiometrischen
Datierung) und eine neue Entdeckung müßte praktisch alle vorherigen Daten
widerlegen, um deren Deutung im großem Umfang zu ändern. Ich
kenne keine gültige Theorie, die erklären könnte, wie so eine umwälzende
Änderung passieren könnte, ganz davon abgesehen, welche Daten eine solche
Theorie stützen sollten, obwohl es einige fehlschlüssige Versuche gegeben
hat (beispielsweise die klassischen Hinweise auf Mondstaub,
Zerfall
des Erdmagnetfelds und Salz
in den Ozeanen), diese Argumente zu liefern.
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