Hierbei handelt es sich um den häufigsten Einwand. Kreationisten verweisen
auf Einzelfälle, in denen mit einer bestimmten Methode eindeutig falsche Ergebnisse
erzielt wurden, und argumentieren dann, daß man alle derartigen Daten vernachlässigen
könnte. Dieses Argument ist aus zwei Gründen unzutreffend:
Bestimmte Voraussetzungen müssen bei allen radiometrischen Datierungsmethoden
erfüllt sein. Diese umfassen üblicherweise die Konstanz der Rate des radioaktiven
Zerfalls und keine Kontaminierung (Gewinn oder Verlust von Mutter- oder Tochterisotopen)
der Probe. Kreationisten greifen diese Voraussetzungen oft als 'ungerechtfertigte
Annahmen' an, obwohl diese in den meisten Fällen tatsächlich weder 'ungerechtfertigt'
noch 'Annahmen' sind.
2.1. Konstanz der radioaktiven Zerfallsraten
Man geht davon aus, daß die Raten des radioaktiven Zerfalls (die für
die radiometrische Datierung relevant sind) auf recht grundlegenden Eigenschaften
der Materie beruhen, wie die Wahrscheinlichkeit pro Zeiteinheit, daß ein bestimmtes
Teilchen aus dem Kern des Atoms 'tunneln' kann. Der Kern ist recht gut isoliert
und daher relativ immun gegen größere Einflüsse wie Druck und Temperatur.
Signifikante Änderungen der Zerfallsrate von Isotopen, die für die
geologische Datierung eine Rolle spielen würden, sind bisher unter keinen äußeren
Bedingungen beobachtet worden. Emery (1972)
ist eine zusammenfassende Übersicht von Ergebnisse von Experimenten und theoretischen
Grenzen einer Veränderung der Zerfallsraten. Beachten Sie bitte, daß
die größten Abweichungen, die Emery darstellt, sowohl irrelevant (sie
betreffen keine Isotopen oder Zerfallsraten, die in dieser FAQ betrachtet werden)
und winzig (die Zerfallsraten änderten sich im Bereich von einem Prozent) im
Vergleich zu den Änderungen, die erforderlich wären, um die gemessenen
Alter der Erde zur Zeitskala der Junge-Erde-Anhänger schrumpfen zu lassen.
Vielleicht eine kurze Abschweifung zum radioaktiven Zerfall, von Steve Carlip
aus <CK47LK.E2J@ucdavis.edu> (auf Bitte von Steve etwas überarbeitet):
Im Falle des Alpha-Zerfalls [...] ist der zugrunde liegende Mechanismus das quantenmechanischen Tunneln durch eine Potentialbarriere. In jedem elementaren Buch zur Quantenmechanik werden sie eine einfache Erklärung finden, ein hübsches Beispiel für den Alpha-Zerfall beispielsweise auf Seite 89 in Ohanion's Principles of Quantum Mechanics. Die Tatsache, daß der Prozeß probabilistisch verläuft und die exponentielle Zeitabhängigkeit sind eindeutige Konsequenzen der Quantenmechanik. (Die Zeitabhängigkeit ist ein Beispiel von 'Fermi's goldener Regel' -- Sie können das beispielsweise auf Seite 292 in Ohanion nachlesen.)Wie oben dargestellt, läßt sich der radioaktive Zerfall durch recht grundlegende Eigenschaften der Materie beschreiben. Um die alten Isotopenalter auf einer jungen Erde aufgrund eines beschleunigten Zerfalls zu erklären, bräuchte man einen Anstieg um sechs bis zehn Größenordnungen (was davon abhängt, ob man diese Periode auf die gesamte Vor-Flut-Zeit ausdehnt oder auf die eigentliche Flut begrenzt).
Eine genaue Berechnung der Zerfallsraten ist selbstverständlich viel komplizierter, weil sie ein detailliertes Verständnis der Form der Potentialbarriere voraussetzt. Diese ist prinzipiell aus der Quantenchromodynamik berechenbar, aber praktisch ist diese Berechnung viel zu kompliziert, als daß man sie in naher Zukunft durchführen könnte. Es gibt aber verläßliche Näherungsverfahren, darüberhinaus kann die Form des Potentials experimentell bestimmt werden.
Die grundlegende Theorie für den Beta-Zerfalls ist eine andere; man beginnt mit der Theorie der schwachen elektrodynamischen Wechselwirkung (für die Glashow, Weinberg und Salam ihren Nobelpreis erhielten) anstatt der Quantenchromodynamik.
Eine so gewaltige Änderung fundamentaler Eigenschaften der Materie hätte
eine ganze Reihe meßbarer Auswirkungen auf andere Prozesse gehabt (aus <16381@ucdavis.ucdavis.edu>
von Steve Carlip):
Es gab eine ganze Menge ideenreicher Arbeiten darüber, wie solche Änderungen ausgesehen haben würden.Zusammenfassend kann man sagen: sowohl Ergebnisse von Experimenten als auch theoretische Betrachtungen schließen signifikante Änderungen der Rate des radioaktiven Zerfalls aus. Die dadurch gesetzten Grenzen liegen irgendwo zwischen zehn und zwanzig Größenordnungen unter den Änderungen, die nötig wären, um das bisher gemessene Alter der Erde mit der Zeitskala der Anhänger einer jungen Erde zusammenzuführen (wenn man von einem beschleunigten Zerfall ausgeht).
Eine hübsche (technische) Zusammenfassung steht in Sisterna and Vucetich (1991). Sie betrachten beispielsweise folgende Phänomene:
Es ist zwar nicht offensichtlich, aber jede der genannten Beobachtungen hängt von Änderungen in den physikalischen Konstanten ab, die den radioaktiven Zerfall bedingen. Eine Änderung der Stärke der schwachen Wechselwirkung beispielsweise (die den Beta-Zerfall bestimmt), hätte unterschiedliche Einflüsse auf die Bindungsenergie und daher die Massenanziehung von verschiedenen Elementen. Solche Änderungen der Bindungsenergie würden auch die Umlaufbahnen beeinflussen, während (direkter) Änderungen der Stärke von Wechselwirkungen die Spektren entfernter Sterne ändern würden, die wir beobachten.
- Suche nach Änderungen im Radius von Merkur, Mond und Mars (diese würden sich aufgrund der Änderung der Stärke der Interaktion innerhalb der Materie, die diese aufbauen, ändern;
- Suche nach langfristigen ('säkularen') Änderungen in den Bahnen von Mond und Mars -- gemessen an so verschiedenen Phänomenen wie historischen Sonnenfinsternissen und Wachstumsmustern von Korallen;
- Untersuchung der Entfernung von der Erde zum Mars, indem man die Viking-Sonde benutzt;
- Daten über die Bahnbewegung des Doppel-Pulsars PSR 1913+16;
- Beobachtung von langlebigen Isotopen, die durch Beta-Zerfall zerfallen (Re 187, K 40, Rb 87) und Vergleich mit Isotopen, die durch andere Mechanismen zerfallen;
- den natürlichen Kernreaktor bei Oklo (wurde in einem anderen Posting erwähnt);
- experimentelle Suche nach Unterschieden in der Massenanziehung zwischen verschiedenen Elementen (Eötvös-artige Experimente);
- Absorptionslinien von Quasaren (Feinstruktur und hyperfeine Aufspaltungen);
- Suche in Labors nach Veränderungen in der Massendifferenz zwischen dem K0-Meson und seinem Antiteilchen.
Diese Beobachtungen sind eine Mischung aus sehr empfindlichen Tests im Labor, die in der Zeit nicht allzu weit zurückreichen, aber in der Lage sind, winzigste Änderungen festzustellen und astronomischen Beobachtungen, die etwas weniger genau sind, aber die sehr weit in die Vergangenheit zurückreichen. (Bedenken Sie, daß Vorgänge, die wir an einem Stern beobachten, der eine Million Lichtjahre entfernt ist, Informationen über die Physik von vor einer Million Jahren geben.) Wenn auch jede Einzelbeobachtung zu einer Diskussion über die Methodik führen kann, sind die kombinierten Ergebnisse einer so großen Zahl voneinander unabhängigen Test doch schwer zu widerlegen.
Das Gesamtergebnis ist, daß niemand irgendwelche Anzeichen für Änderungen in den grundlegenden Konstanten gefunden hat, mit einer Genauigkeit von etwa ein Teil pro 1011 pro Jahr.
2.2 Wahrscheinlich traten Kontaminationen auf
Auf dieses Problem bin ich sehr detailliert in Isochron
Dating FAQ (in deutscher Übertragung Datierung
nach der Isochron-Methode), eingegangen, weil alle Methoden, die im Teil
'Das Alter der Erde' dieser FAQ Isochron- (oder äquivalente) Methoden sind,
deren Methodik einen eingebauten Check für die meisten Formen von Kontaminationen
enthält.
Es stimmt, daß einige Datierungsmethoden (beispielsweise die K-Ar oder
die C 14-Methode) keinen solchen Check enthalten, und daß, wenn eine solche
erfolgte, diese Methoden sinnlose Alter anzeigen. Aus diesem Grund werden die Ergebnisse
solcher Datierungsmethoden als nicht besonders zuverlässig eingeordnet.
Auch hier, wie in Punkt (1) oben, können Hinweise auf eine Kontamination
die Tatsache nicht aus der Welt räumen, daß die Ergebnisse radiometrischer
Messungen so gut wie immer mit der Erwartung einer alten Erde übereinstimmen.
Wenn die Methoden absolut zufällige Werte liefern würden, könnte
man keine so übereinstimmenden Resultate erwarten.
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Stand: 16. April 1999
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an Thomas Waschke |