Übliche Einwände der Kreationisten gegen die gebräuchlichen Datierungsmethoden

Die meisten Einwände der Kreationisten gegen die radiometrischen Datierungsmethoden kann man in wenige Gruppen einteilen. Diese enthalten:
  1. Hinweis auf einen Fall, in dem die betrachtete Methode nicht funktionierte.
  2. Behauptungen, daß die Grundannahmen einer Methode nicht zutreffen könnten:
    1. Konstanz der radioaktiven Zerfallsraten.
    2. Wahrscheinlich traten Kontaminationen auf.
1. Hinweis auf einen Fall, in dem die betrachtete Methode nicht funktionierte

Hierbei handelt es sich um den häufigsten Einwand. Kreationisten verweisen auf Einzelfälle, in denen mit einer bestimmten Methode eindeutig falsche Ergebnisse erzielt wurden, und argumentieren dann, daß man alle derartigen Daten vernachlässigen könnte. Dieses Argument ist aus zwei Gründen unzutreffend:

2. Behauptungen, daß die Grundannahmen einer Methode nicht zutreffen könnten

Bestimmte Voraussetzungen müssen bei allen radiometrischen Datierungsmethoden erfüllt sein. Diese umfassen üblicherweise die Konstanz der Rate des radioaktiven Zerfalls und keine Kontaminierung (Gewinn oder Verlust von Mutter- oder Tochterisotopen) der Probe. Kreationisten greifen diese Voraussetzungen oft als 'ungerechtfertigte Annahmen' an, obwohl diese in den meisten Fällen tatsächlich weder 'ungerechtfertigt' noch 'Annahmen' sind.

2.1. Konstanz der radioaktiven Zerfallsraten

Man geht davon aus, daß die Raten des radioaktiven Zerfalls (die für die radiometrische Datierung relevant sind) auf recht grundlegenden Eigenschaften der Materie beruhen, wie die Wahrscheinlichkeit pro Zeiteinheit, daß ein bestimmtes Teilchen aus dem Kern des Atoms 'tunneln' kann. Der Kern ist recht gut isoliert und daher relativ immun gegen größere Einflüsse wie Druck und Temperatur.

Signifikante Änderungen der Zerfallsrate von Isotopen, die für die geologische Datierung eine Rolle spielen würden, sind bisher unter keinen äußeren Bedingungen beobachtet worden. Emery (1972) ist eine zusammenfassende Übersicht von Ergebnisse von Experimenten und theoretischen Grenzen einer Veränderung der Zerfallsraten. Beachten Sie bitte, daß die größten Abweichungen, die Emery darstellt, sowohl irrelevant (sie betreffen keine Isotopen oder Zerfallsraten, die in dieser FAQ betrachtet werden) und winzig (die Zerfallsraten änderten sich im Bereich von einem Prozent) im Vergleich zu den Änderungen, die erforderlich wären, um die gemessenen Alter der Erde zur Zeitskala der Junge-Erde-Anhänger schrumpfen zu lassen.

Vielleicht eine kurze Abschweifung zum radioaktiven Zerfall, von Steve Carlip aus <CK47LK.E2J@ucdavis.edu> (auf Bitte von Steve etwas überarbeitet):

Im Falle des Alpha-Zerfalls [...] ist der zugrunde liegende Mechanismus das quantenmechanischen Tunneln durch eine Potentialbarriere. In jedem elementaren Buch zur Quantenmechanik werden sie eine einfache Erklärung finden, ein hübsches Beispiel für den Alpha-Zerfall beispielsweise auf Seite 89 in Ohanion's Principles of Quantum Mechanics. Die Tatsache, daß der Prozeß probabilistisch verläuft und die exponentielle Zeitabhängigkeit sind eindeutige Konsequenzen der Quantenmechanik. (Die Zeitabhängigkeit ist ein Beispiel von 'Fermi's goldener Regel' -- Sie können das beispielsweise auf Seite 292 in Ohanion nachlesen.)

Eine genaue Berechnung der Zerfallsraten ist selbstverständlich viel komplizierter, weil sie ein detailliertes Verständnis der Form der Potentialbarriere voraussetzt. Diese ist prinzipiell aus der Quantenchromodynamik berechenbar, aber praktisch ist diese Berechnung viel zu kompliziert, als daß man sie in naher Zukunft durchführen könnte. Es gibt aber verläßliche Näherungsverfahren, darüberhinaus kann die Form des Potentials experimentell bestimmt werden.

Die grundlegende Theorie für den Beta-Zerfalls ist eine andere; man beginnt mit der Theorie der schwachen elektrodynamischen Wechselwirkung (für die Glashow, Weinberg und Salam ihren Nobelpreis erhielten) anstatt der Quantenchromodynamik.

Wie oben dargestellt, läßt sich der radioaktive Zerfall durch recht grundlegende Eigenschaften der Materie beschreiben. Um die alten Isotopenalter auf einer jungen Erde aufgrund eines beschleunigten Zerfalls zu erklären, bräuchte man einen Anstieg um sechs bis zehn Größenordnungen (was davon abhängt, ob man diese Periode auf die gesamte Vor-Flut-Zeit ausdehnt oder auf die eigentliche Flut begrenzt).

Eine so gewaltige Änderung fundamentaler Eigenschaften der Materie hätte eine ganze Reihe meßbarer Auswirkungen auf andere Prozesse gehabt (aus <16381@ucdavis.ucdavis.edu> von Steve Carlip):

Es gab eine ganze Menge ideenreicher Arbeiten darüber, wie solche Änderungen ausgesehen haben würden.

Eine hübsche (technische) Zusammenfassung steht in Sisterna and Vucetich (1991). Sie betrachten beispielsweise folgende Phänomene:

Es ist zwar nicht offensichtlich, aber jede der genannten Beobachtungen hängt von Änderungen in den physikalischen Konstanten ab, die den radioaktiven Zerfall bedingen. Eine Änderung der Stärke der schwachen Wechselwirkung beispielsweise (die den Beta-Zerfall bestimmt), hätte unterschiedliche Einflüsse auf die Bindungsenergie und daher die Massenanziehung von verschiedenen Elementen. Solche Änderungen der Bindungsenergie würden auch die Umlaufbahnen beeinflussen, während (direkter) Änderungen der Stärke von Wechselwirkungen die Spektren entfernter Sterne ändern würden, die wir beobachten.

Diese Beobachtungen sind eine Mischung aus sehr empfindlichen Tests im Labor, die in der Zeit nicht allzu weit zurückreichen, aber in der Lage sind, winzigste Änderungen festzustellen und astronomischen Beobachtungen, die etwas weniger genau sind, aber die sehr weit in die Vergangenheit zurückreichen. (Bedenken Sie, daß Vorgänge, die wir an einem Stern beobachten, der eine Million Lichtjahre entfernt ist, Informationen über die Physik von vor einer Million Jahren geben.) Wenn auch jede Einzelbeobachtung zu einer Diskussion über die Methodik führen kann, sind die kombinierten Ergebnisse einer so großen Zahl voneinander unabhängigen Test doch schwer zu widerlegen.

Das Gesamtergebnis ist, daß niemand irgendwelche Anzeichen für Änderungen in den grundlegenden Konstanten gefunden hat, mit einer Genauigkeit von etwa ein Teil pro 1011 pro Jahr.

Zusammenfassend kann man sagen: sowohl Ergebnisse von Experimenten als auch theoretische Betrachtungen schließen signifikante Änderungen der Rate des radioaktiven Zerfalls aus. Die dadurch gesetzten Grenzen liegen irgendwo zwischen zehn und zwanzig Größenordnungen unter den Änderungen, die nötig wären, um das bisher gemessene Alter der Erde mit der Zeitskala der Anhänger einer jungen Erde zusammenzuführen (wenn man von einem beschleunigten Zerfall ausgeht).

2.2 Wahrscheinlich traten Kontaminationen auf

Auf dieses Problem bin ich sehr detailliert in Isochron Dating FAQ (in deutscher Übertragung Datierung nach der Isochron-Methode), eingegangen,  weil alle Methoden, die im Teil 'Das Alter der Erde' dieser FAQ Isochron- (oder äquivalente) Methoden sind, deren Methodik einen eingebauten Check für die meisten Formen von Kontaminationen enthält.

Es stimmt, daß einige Datierungsmethoden (beispielsweise die K-Ar oder die C 14-Methode) keinen solchen Check enthalten, und daß, wenn eine solche erfolgte, diese Methoden sinnlose Alter anzeigen. Aus diesem Grund werden die Ergebnisse solcher Datierungsmethoden als nicht besonders zuverlässig eingeordnet.

Auch hier, wie in Punkt (1) oben, können Hinweise auf eine Kontamination die Tatsache nicht aus der Welt räumen, daß die Ergebnisse radiometrischer Messungen so gut wie immer mit der Erwartung einer alten Erde übereinstimmen. Wenn die Methoden absolut zufällige Werte liefern würden, könnte man keine so übereinstimmenden Resultate erwarten.
 




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Stand: 16. April 1999
 

an Thomas Waschke