1. Anreicherung von Helium in der Atmosphäre
Die Argumentation für eine junge Erde verläuft in etwa so: Helium-4
wird durch radioaktiven Zerfall produziert (Alpha-Teilchen sind Helium-Kerne) und
gelangt dann in die Atmosphäre. Helium ist (anders als Wasserstoff) zu schwer,
um der Schwerkraft der Erde zu entkommen und sollte sich daher im Lauf der Zeit
anreichern. Der momentane Gehalt der Atmosphäre würde so in weniger als
200 000 Jahren erreicht, daher ist die Erde jung. (Ich glaube, daß dieses
Argument erstmals der Mormone Melvin Cook, ein Anhänger der Junge-Erde-Theorie,
in einem Brief an die Herausgeber von Nature vertreten hat. Es wurde in dieser Zeitschrift
veröffentlicht.)
Aber Helium kann sehr wohl aus der Atmosphäre entweichen und tut das auch,
man hat berechnet, daß die Rate des Entweichens der der Bildung entspricht.
Um das gewünschte junge Alter aus ihren Berechnungen zu erhalten, 'wischen'
die Anhänger einer jungen Erde einfach die Mechanismen beiseite, durch die
Helium ins All entweichen kann. Henry Morris beispielsweise
schreibt:
'Es gibt keinen Hinweise darauf, daß Helium 4 aus der Exosphäre entweicht oder dies überhaupt in nennenswerten Beträgen tun kann.' (Morris 1974, p. 151)Aber Morris hat unrecht. Selbstverständlich kann man keine gute Datierungsmethode 'erfinden', indem man einfach die Prozesse, die in die Gegenrichtung des Prozesses, den man untersucht, arbeiten, ignoriert. Dalrymple schreibt:
'Banks und Holzer (12) haben gezeigt, daß der Polarwind ein Entweichen von (2 bis 4) x 106 Ionen/cm2/sec von 4He verursachen kann, was fast identisch mit der Produktionsrate von (2,5 +/- 1,5) x 106 Atome/cm2/sec ist. Berechnungen für 3He ergeben ähnliche Ergebnisse, eine Rate, die praktisch gleich der Produktion ist. Ein weiterer möglicher Mechanismus zum Entweichen ist eine direkte Wechselwirkung mit dem Sonnenwind in der oberen Atmosphäre zu Zeiten, wenn das Erdmagnetfeld sich ändert, weil dann die Intensität des Erdmagnetfelds geringer ist. Sheldon und Kern (112) schätzen, daß 20 Umkehrungen des Erdmagnetfelds in den letzten 3,5 Milliarden Jahren ausgereicht hätten, um einen Ausgleich zwischen Produktion und Entweichen von Helium zu erreichen. '(Dalrymple 1984, p. 112)Dalrymple's Quellenangaben:
Baker (1976, pp. 25-26)2. Zerfall des Erdmagnetfelds
Brown (1989, pp. 16 and 52)
Jansma (1985, p. 61)
Whitcomb and Morris (1961, pp. 384-385)
Wysong (1976, pp. 161-163)
Das Argument der Anhänger einer jungen Erde lautet wie folgt: das Dipol-Moment
des Erdmagnetfelds hat sich leicht verringert, seit es gemessen wird. Wenn man annimmt,
daß das allgemein anerkannte 'Dynamo-Modell', mit dem man das Erdmagnetfeld
erklärte, falsch ist, könnte es sein, daß der Mechanismus ein ursprünglich
geschaffenes Feld war, das seitdem an Stärke verliert. Eine Extrapolierung
(unter der Annahme, daß der in den letzten 130 Jahren gemessene Wert eine
Halbwertszeit von 1 400 Jahre ergibt) zeigt, daß ein Erdmagnetfeld auch nur
vor 8 000 Jahren viel zu hohe Werte aufgewiesen hätte, daher muß die
Erde jung sein. Der Hauptvertreter dieses Arguments war Thomas Barnes.
Es gibt einige Punkte, die an dieser 'Datierungs'methode falsch sind. Es ist
schwierig, diese auch nur alle aufzulisten. Die vier wichtigsten Gegenargumente
sind:
Nähere Informationen
finden Sie in Dalrymple (1984, pp. 106-108)
oder Strahler (1987, pp. 150-155).
Das genannte
Argument finden Sie auch in folgenden kreationistischen Werken:
Baker (1976, p. 25)3. Anreicherung von Meteoritenstaub auf dem Mond
Brown (1989, pp. 17 and 53)
Jackson (1989, pp. 37-38)
Jansma (1985, pp. 61-62)
Morris (1974, pp. 157-158)
Wysong (1976, pp. 160-161)
Die gebräuchlichste Form dieses Junge-Erde-Arguments basiert auf einer einzigen
Messung der Rate des Meteoriten-Staub-Eintrags, die einen Wert für die Erde
von mehreren Millionen Tonnen pro Jahr ergab. Obwohl dieser Eintrag im Vergleich
zur Erosion auf der Erde vernachlässigbar ist (etwa eine Schuhschachtel voll
Staub pro Hektar und Jahr), existiert auf dem Mond kein vergleichbarer Prozeß.
Anhänger einer jungen Erde behaupten, daß auf dem Mond eine ähnliche
Menge an Meteoriten-Staub niedergeht (etwa ein Viertel pro Fläche, weil der
Mond eine geringere Schwerkraft aufweist), daher sollte dort eine dicke Staubschicht
liegen (etwa hundert Fuß dick), falls der Mond einige Milliarden Jahre alt
ist.
Morris schreibt, indem er den Eintrag an Staub betrachtet:
'Die besten Messungen wurden von Hans Pettersson gemacht, der als Ergebnis 14 Millionen Tonnen pro Jahr erhielt1.'Petterson stand auf dem Gipfel eines Berges und sammelte dort mit einem Gerät, das zur Smog-Messung gedacht war, Staub. Er bestimmte die Nickelmenge, die er so sammelte und veröffentlichte Berechnungen, die darauf beruhten, daß alles Nickel, das er sammelte, meteoritischen Ursprungs war. Diese Annahme war falsch und bewirkte, daß seine veröffentlichten Zahlen viel zu groß waren.
Morris (1974, p. 152) [Hervorhebung CS]
Petterson's Berechnungen ergaben einen Wert von etwa 15 Millionen Tonnen pro
Jahr. In derselben Veröffentlichung deutete er an, daß er glaubte, daß
dieser Wert 'großzügig' überschätzt war und sagte, daß
5 Millionen Tonnen pro Jahr ein wahrscheinlicherer Wert wären.
Es gab etliche genauere Messungen aus vielen Quellen, als Morris sein Buch 'Scientific
Creationism' schrieb. Dies Messungen ergeben einen Wert (für den Eintrag
auf der Erde) von etwa 20 000 bis 40 000 Tonnen pro Jahr. Die Werte aus vielen Messungen
(chemische Anzeiger in Ozean-Sedimenten, Detektoren an Satelliten, die Rate des
Auftretens von winzigen Meteoriten-Einschlägen auf Gegenständen, die auf
dem Mond zurückgelassen wurden) stimmen in etwa überein -- etwa drei Größenordnungen
niedriger als der Wert, den sich Morris aussuchte.
Morris suchte sich überholte Daten heraus, von denen man wußte, daß
sie problematisch waren und nennt sie die 'besten' erhältlichen Messungen.
Wenn man die korrekten Daten einsetzt, erwartet man auf der Mond eine Staubschicht
aus Meteoriten, die weniger als 30 cm hoch ist.
Nähere Informationen
finde Sie in Dalrymple (1984, pp. 108-111)
oder Strahler (1987, pp. 143-144).
Addendum: 'Loser Staub' gegen 'Meteoriten-Material'
Einige Menschen in talk.origins erzeugten zusätzliche Verwirrung, indem
sie die Dicke des 'Mondbodens' so darstellten, als ob der die Gesamtmasse des meteoritischen
Materials auf der Mondoberfläche darstellt. Der Mondboden ist eine sehr dünne
(etwa 2,5 cm dick, eher weniger) Schicht losen Pulvers auf der Mondoberfläche.
Der Mondboden ist aber nicht das einzige meteoritische Material auf der Mondoberfläche.
Der 'Boden' ist hauptsächlich die Portion des pulvrigen Materials, das durch
Mikrometeoriten-Einschläge locker gehalten wird. Darunter ist Regolith, der
aus einer Mischung aus Gesteinsfragmenten und gepacktem pulvrigen Material
besteht. Die Dicke des Regoliths beträgt etwa fünf Meter in den Mondmeeren
und zehn Meter auf den Hochlagen des Mondes.
Außerdem werden die Mondgesteine auch noch durch verschiedene Prozesse
zerkleinert (wie Mikrometeoriten-Einschläge und Strahlung). Eine gehörige
Portion des pulverisierten Materials (sogar in der lockeren Portion) ist nicht-meteoritischen
Ursprungs.
Addendum: Kreationisten lehnen das 'Mondstaub'-Argument ab
Es gibt ein neuere kreationistische Fachveröffentlichung
über dieses Gebiet, die zugibt, daß die Dicke der Staubschicht auf dem
Mond mit dem üblichen Alter und der Geschichte des Sonnensystems übereinstimmt (Snelling and Rush 1993). Ihre Zusammenfassung endet
wie folgt:
Obwohl die Kreationisten selbst dieses
Argument widerlegt haben (und Widerlegungen aus dem Bereich der konventionellen
Forschergemeinschaft gab es schon zehn bis zwanzig Jahre länger), taucht das
'Mondstaub'-Argument immer wieder in ihren 'populären' Schriften auf und erscheint
in talk.origins immer noch regelmäßig:
Baker (1976, p. 25)Anreicherung von Metallen in den Ozeanen
Brown (1989, pp. 17 and 53)
Jackson (1989, pp. 40-41)
Jansma (1985, pp. 62-63)
Whitcomb and Morris (1961, pp. 379-380)
Wysong (1976, pp. 166-168)
In den Archiven von talkorigins.org für Februar und April 1997, in denen die Rückmeldungen archiviert sind, finden Sie weitere Beispiele.
1965 wurde in der Zeitschrift Chemical Oceanography eine Liste mit
den 'Aufenthaltszeiten' von verschiedenen Metallen in den Ozeanen. Diese Berechnung
beruhte auf einer Division der Menge von verschiedenen Metallen in den Ozeanen durch
die Rate, mit der Flüsse diese Metalle ins Meer bringen.
Mehrere Kreationisten haben diese Tabelle mit Zahlenwerten abgedruckt und behauptet,
daß diese Zahlen 'Obergrenzen' für das Alter der Ozeane (und damit der
Erde) setzten, weil diese Zahlen die Zeit angeben würden, die benötigt
wird, um die Ozeane von Null auf den heutigen Wert mit diesen verschiedenen Metallen
zu füllen.
Wir wollen zunächst die Ergebnisse dieser 'Datierungsmethode' betrachten.
Die meisten kreationistischen Bücher enthalten nicht alle Zahlenwerte, sondern
meist nur die 'passenden'. Die folgende Liste ist vollständiger:
Al - 100 Jahre |
Ni - 9,000 Jahre |
Sb - 350,000 Jahre |
Fe - 140 Jahre |
Co - 18,000 Jahre |
Mo - 500,000 Jahre |
Ti - 160 Jahre |
Hg - 42,000 Jahre |
Au - 560,000 Jahre |
Cr - 350 Jahre |
Bi - 45,000 Jahre |
Ag - 2,100,000 Jahre |
Th - 350 Jahre |
Cu - 50,000 Jahre |
K - 11,000,000 Jahre |
Mn - 1,400 Jahre |
Ba - 84,000 Jahre |
Sr - 19,000,000 Jahre |
W - 1,000 Jahre |
Sn - 100,000 Jahre |
Li - 20,000,000 Jahre |
Pb - 2,000 Jahre |
Zn - 180,000 Jahre |
Mg - 45,000,000 Jahre |
Si - 8,000 Jahre |
Rb - 270,000 Jahre |
Na - 260,000,000 Jahre |
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Nun wollen wir kritisch prüfen, was diese Methode als Methode zum Finden
eines Alters für die Erde taugt.
Baker (1976, p. 25)Schlußfolgerung
Brown (1989, p. 16)
Morris (1974, pp. 153-156)
Morris & Parker (1987, pp. 284-284 and 290-291)
Wysong (1976, pp. 162, 163)
Es gibt offensichtlich ein ziemlich populäres Sortiment von 'Datierungs'methoden;
sie tauchen häufig in der kreationistischen Literatur seit den 60er bis in
die späten 80er Jahre auf (und man findet sie auch heute noch auf vielen kreationistischen
Seiten im Internet). Sie erscheinen auch in talk.origins öfter als jedes andere
Argument für eine junge Erde. Sie beruhen alle auf einer Verzerrung der Daten.
Ein neugieriger und unvoreingenommener Beobachter könnte sich vernünftigerweise
weigern, den Kreationisten überhaupt zuzuhören, bevor sie 'reinen Tisch'
gemacht haben und aufhören, diese Argumente zu verbreiten. Wenn ich den 'Piltdown-Menschen'
in einem modernen Biologiebuch als Beleg für die menschliche Evolution fände,
würde ich das Buch wegwerfen. (Wenn ich dieselben Standards auf die recht große
Sammlung kreationistischer Schriften, die ich besitze, anwenden würde, würde
keine übrigbleiben.)
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Stand: 16. April 1999
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an Thomas Waschke |