Intelligent Design (ID)

Neuer Wein in alten Schläuchen


Exkurs: Überlegungen zu Naturalismus und Naturwissenschaften

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ID erhebt den Anspruch, eine wissenschaftliche Alternative zur gängigen Forschungspraxis zu sein beziehungsweise diese bereichern zu können. Daher sind an dieser Stelle einige Bemerkungen zu eher allgemeinen Fragen des naturalistischen Ansatzes angebracht. In Texten in englischer Sprache wird meist der Begriff 'science' verwendet. In den meisten Fällen ist damit speziell 'naturwissenschaftlich' gemeint, also im Prinzip die Erforschung des Bereichs, der sich mit dem Teil der 'Welt' befasst, der unabhängig von uns Menschen ist. Für die Erforschung dieses Bereich hat die Wissenschaftstheorie ein Arsenal von Techniken und Vorschriften erstellt, die selbstverständlich in anderen Bereichen nicht unbedingt zu gelten haben. Eine Forschungsrichtung kann durchaus 'wissenschaftlich' aber nicht 'naturwissenschaftlich' sein. Charakteristisch für die Naturwissenschaften ist, dass ihre Theorien letztendlich immer den Test an der wie auch immer gearteten Erfahrung mit der 'Welt an sich' bestehen müssen.

Nach welchen Regeln betreibt man Naturwissenschaften?

Naturwissenschaftliche Forschung erfolgt nach bestimmten Regeln, die sich im Lauf der Zeit bewährt haben. Diese Regeln sind weniger inhaltlich als formal bestimmt. Eine anschauliche Liste derartiger Regeln hat beispielsweise Vollmer (1995) erstellt:

Solche Kriterien hat die Wissenschaftstheorie tatsächlich entwickelt. Sie unterscheidet dabei notwendige und erwünschte Merkmale. Notwendige Merkmale einer 'guten' erfahrungswissenschaftlichen Theorie sind:
Andere Merkmale sind willkommen, aber nicht unabdingbar, Allgemeinheit etwa (oder sogar Universalität), Tiefe, Genauigkeit, Einfachheit, Anschaulichkeit, Voraussagekraft, Wiederholbarkeit der einschlägigen Effekte, Fruchtbarkeit. Sie sind zwar nicht unentbehrlich, können aber helfen, zwischen konkurrierenden Theorien zu entscheiden, die hinsichtlich der notwendigen Merkmale gleichwertig sind. (Vollmer 1995 'Der wissenschaftstheoretische Status der Evolutionstheorie. Einwände und Gegenargumente' in: Vollmer, G. 'Biophilosophie' Stuttgart, Reclam S. 92-106, S. 100f)

Wie an anderer Stelle gezeigt wird, erfüllt ID einige der oben genannten Ansprüche nicht. ID macht vor allem keine prüfbaren Aussagen, die falsifiziert werden können. Vertreter des ID machen explizit deutlich, dass dieser Anspruch (beispielsweise Fragen, wann welcher Designer wie was geschaffen hat) gar nicht an ID gestellt werden kann. Als einziges Falsifikationskriterium wird genannt, dass ID aufgegeben werden muss, sobald naturalistische Erklärungen vorliegen. Daraus folgt, dass ID an sich gar nicht getestet werden kann. Zudem hat ID keinen Erklärungswert. Ganz im Gegenteil, ID geht davon aus, dass uns Menschen Erklärungsgrenzen gesetzt sind. Das wird auch von Anhängern des naturalistischen Ansatzes gar nicht bestritten. Wo genau diese Grenzen liegen, wird derzeit ausgetestet. Und das geht nur auf der Basis des Naturalismus.

Welche Bedeutung hat der Naturalismus für die Naturwissenschaften?

Eine unabdingbare Grundlage jeglicher naturwissenschaftlicher Forschung ist die Annahme einer unabhängig von uns existierenden Welt. Damit ist im Prinzip die Welt gemeint, die noch existieren würde, falls keine Menschen mehr lebten bzw. die Welt, die vor der Existenz von Menschen bestand. [1] Diese Auffassung bezeichnet man auch als Realismus. Diese Selbstverständlichkeit des 'gesunden Menschenverstands' ist aber, streng genommen, nicht zu beweisen. Das zeigt sich daran, dass sie von einigen Philosophen in Zweifel gezogen wurde und wird. Sie hat sich aber nicht nur in den Naturwissenschaften bestens bewährt. Es ist wird also angestrebt, die Welt so zu beschreiben, als ob sie unabhängig von uns existierte. Um aber auszudrücken, dass das nur eine (allerdings extrem erfolgreiche) Annahme darstellt, bezeichnet man diesen Standpunkt als hypothetischen Realismus. [2]

Zudem wird angenommen, dass es in dieser Welt "ausschließlich mit natürlichen oder 'rechten' Dingen" zugeht, dass also darin "keine übernatürlichen Wesenheiten oder Eigenschaften und daher keine Wunder" vorkommen (Mahner 2003). Diese Haltung wird Naturalismus genannt.

Von entscheidender Bedeutung ist nun, dass auch dieser Naturalismus keine zwingend aufweisbare Tatsache ist, sondern als Postulat vor allem deshalb verwendet wird, weil er sich bestens bewährt hat. Für die erfolgreiche Arbeit der Naturwissenschaften genügt die Auffassung, die Mahner in Anlehnung an Kanitscheider (1996 <lit 3661>) als schwacher Naturalismus bezeichnet. Mahner schreibt:

Der schwache Naturalismus lässt zu, dass unsere Welt in eine supranaturalistische Welt eingebettet bzw. von einer solchen umgeben sein könnte. Mit anderen Worten: Ein schwacher Naturalismus schließt nicht ausdrücklich aus - nimmt aber auch nicht an - , dass jenseits der uns zugänglichen gesetzmäßigen Welt eine 'höhere' Welt fundamental anderer Natur existieren könnte: eine Übernatur. Er ist damit ein weltimmanenter Naturalismus. (Mahner 2003)

Der Naturalismus ist für die Naturwissenschaften allerdings keine beliebige Setzung, sondern für die Möglichkeit einer Prüfung von Hypothesen zwingend erforderlich. Diese ist nur möglich, wenn sich die Welt gesetzmäßig verhält. Eine derartige Welt ist letztendlich intelligibel: auf bekannte Ursachen folgen bekannte Wirkungen. Sollte hingegen irgendeine Wesenheit ab und an in das Geschehen eingreifen, wäre kein Experiment reproduzierbar. Die Welt wäre nicht mehr intelligibel. Sollten diese Eingriffe allerdings stattfinden, wären die Möglichkeiten für unsere Forschung begrenzt. Das wäre dann zu akzeptieren. Bisher sehe ich aber keinen Anlass dazu, derartiges Eingreifen ernst zu nehmen. Noch abseitiger ist allerdings die Vorstellung, durch derartige Designer Lücken im bisherigen Weltbild erklären zu wollen, wie das die ID-Anhänger tun.

Mahner fasst seine Überlegungen zu dieser Problematik so zusammen:

Zu oft hatte es die Wissenschaft in ihrer Geschichte bereits mit einem 'Lückenbüßer-Supranaturalismus' zu tun. Es bleibt uns daher in den Wissenschaften nichts anderes übrig, als mit dem schwachen Naturalismus zu beginnen und ihn auszuschöpfen. Erst wenn wir auf dieser Basis kläglich scheitern sollten, wäre das Nachdenken über eine supranaturalistische Erweiterung angezeigt. Ob jedoch das, was daraus entstünde, noch etwas mit dem zu tun hätte, was wir heute unter Wissenschaft verstehen, ist fraglich. (Mahner 2003)

Das bedeutet, der schwache Naturalismus (der, beispielsweise von Scott, auch als methodologischer Naturalismus bezeichnet wird) ist eine (wohlbegründete) Annahme, die nichts mit dem starken Naturalismus (den Scott als ontologischen Naturalismus bezeichnet), der keinerlei Raum für übernatürliche Wesenheiten lässt, zu tun hat. Während also die schwache Form lediglich eine Annahme macht, die sich bewährt hat, also heuristisch argumentiert, macht die starke Form eine ontologische Aussage: es gibt keine übernatürlichen Wesenheiten. Letztendlich ist letztere Aussage, wie schon dargestellt, aber nicht beweisbar.

Mahner ist zuzustimmen, wenn er schreibt:

Der Naturalismus ist also keine beliebige metaphysische Setzung böswilliger Atheisten, die genauso gut durch eine andere ersetzbar wäre, sondern er ist in Zusammenhang mit den anderen oben genannten philosophischen Prinzipien Grundvoraussetzung wissenschaftlicher Forschung. Nur auf seiner Grundlage lässt sich Wissenschaft und ihre Geschichte - insbesondere ihre Erfolgsgeschichte - verstehen. (Mahner 2003)

Für die Diskussion mit ID-'Theoretikern' folgt daraus, dass diesen zuzugestehen ist, dass durch die Ergebnisse der Naturwissenschaften ein Designer prinzipiell nicht ausgeschlossen werden kann. Selbst wenn beispielsweise die Evolution der Bakterien-Geißel in allen Details molekulargenetisch bekannt wäre, könnte niemand ausschließen, dass nicht doch letztendlich ein Designer an irgendeiner Stelle in diesem Prozess gezielt eine Mutation der DNA ausgelöst hat.

Methodisch sauber arbeitende Naturalisten betonen daher nur, dass ihr Ansatz, ohne einen Designer auszukommen bisher sehr erfolgreich war. Es mag zwar sein, dass Dawkins Recht hat, wenn schreibt, dass man erst durch den Darwinismus ein 'intellectually fulfilled atheist' [3] sein könnte. Die Behauptung hingegen, dass aus den Erkenntnissen der modernen Naturwissenschaften folge, dass es keinen Designer geben kann, ist aber nicht zutreffend. Es ist nun Aufgabe der ID-'Theoretiker' entweder zu zeigen, dass naturalistische Forschung prinzipiell nicht erfolgreich sein kann oder doch zumindest konkret aufzuzeigen, wo die Annahme eines Schöpfers heuristisch erfolgreicher sein könnte als der Naturalismus. Dazu wäre aber erforderlich, dass aus dem Ansatz der ID-'Theoretiker' prüfbare Aussagen abgeleitet werden können. Ohne diese Möglichkeit handelt es sich nur um beliebige Spekulationen.

Veralteter Empirismus

Die Wissenschaftsgeschichte und Wissenschaftstheorie haben gezeigt: der sogenannte Empirismus ist nicht haltbar. Das auch als Baconismus bezeichnete Verfahren funktioniert weder in der Praxis noch in der Theorie. Erkenntnis wird nicht dadurch gewonnen, dass man Experimente ohne jegliche vorgefasste Meinung durchführt und dann aus den Daten eine Theorie erstellt, sondern dadurch, dass man Hypothesen aufstellt und diese kritisch prüft. Dieses Zerrbild des naturwissenschaftlichen Vorgehens wird auch heute noch gern von Menschen gezeichnet, die auf der einen Seite die Errungenschaften der Naturwissenschaften schätzen, aber verhindern möchten, dass ihre Glaubensinhalte dadurch berührt werden.

Schon Darwin hat sich über den reinen Empirismus lustig gemacht:

Thus, Darwin, in a statement that should be a motto for all of us (letter to Fawcett, September 18, 1861, quoted in Medawar, 1969 <lit 1773>), wrote:
About thirty years ago there was much talk that geologists ought only to observe and not theorize; and I well remember someone saying that at this rate a man might as well go into a gravel-pit and count the pebbles and describe the colours. How odd it is that anyone should not see that all observation must be for or against some view if it is to be of any service.
Yet, in traditional obeisance to inductivist tenets, he wrote in his autobiography that he had "worked on true Baconian principles, and without any theory, collected facts on a wholesale scale" (see discussion of this point in Ghiselin, 1969 <lit 0212>; Medawar, 1969 <lit 1773>; and de Beer, 1970 <lit 1774>).
(Eldredge; Gould 1972 <lit 1772>: 194f <not 3085> Übertragung)

Genau das fordert aber Johnson mit seiner 'empirischen Naturwissenschaft', die angeblich führen soll, wohin die die Fakten reichen. Experimente machen, genauso wie Beobachtungen, keinen Sinn, wenn sie nicht mit Theorien verbunden sind. Man könnte das, was Johnson einfordert, auch als Induktivismus bezeichnen: man müsste aus den Befunden von vielen Experimenten letztlich zu gültigen Theorien gelangen. Dass das funktioniert, konnte noch niemand zeigen (deshalb gibt es in der Wissenschaftstheorie das 'Induktionsproblem'). Johnson hat auch darin Recht, dass strenge Deduktionen (also Ableitungen aus als sicher erkannten Gesetzmäßigkeiten) in den Naturwissenschaften nicht möglich sind. Er übersieht aber, dass die Naturwissenschaften nach einem von ihm nicht gar nicht diskutierten Verfahren, nämlich hypothetico-deduktiv, vorgehen. Das heißt, die Gesetzmäßigkeiten werden nicht als 'Wahrheiten' angesehen, sondern als, allerdings wohlbegründete, Annahmen, aufgefasst. Sie können daher, sollte sich die Befundlage ändern, jederzeit geändert werden. Die Naturwissenschaft strebt alos nicht nach 'Wahrheit', sondern versucht, ein in sich stimmiges Bild der 'Welt' zu zeichnen. Dass dieses Bild zumindest effektiv ist, zeigt die Technik, die auf diesem Weltbild aufbaut, ganz hervorragend funktioniert.

Johnson Argumente gehen also aus zwei Gründen ins Leere: auf der einen Seite beruht der Naturalismus der Naturwissenschaften nicht auf irgendwelchen irrationalen philosophischen Grundannahmen, sondern ist die Bedingung, dass Naturwissenschaft überhaupt möglich ist. Auf der anderen Seite kann Naturwissenschaft gar nicht so funktionieren, wie Johnson das einfordern möchte. Empirie ist zwar ein integraler Bestandteil der Prüfung von Hypothesen, macht aber nur im Rahmen eines Gesamtbilds, das nicht-empirische Teile enthält, überhaupt einen Sinn.

Kann der Supranaturalismus die Forschung bereichern?

Letztendlich bedeutet ein Designer, wie beispielsweise Dembski explizit anführt, eine Grenze für die Erkennbarkeit der Welt. Ab einer bestimmten Stelle müssten wir die Suche nach Mechanismen beenden und ab dann nur noch beginnen, 'SEINE Spuren zu lesen'. Die Frage ist aber, wie sich das beispielsweise auf die konkrete Forschung auswirken sollte. Wäre es dann noch statthaft, zu untersuchen, welche Mutationen der DNA von Bakterien ohne Geißel dafür verantwortlich sind, dass diese nun Geißeln bilden können? Oder wäre nur nicht statthaft, diese Mutationen dann 'dem Zufall' zuzuschreiben? Oder würde sich die Forschung gar nicht unterscheiden, je nachdem, ob man einen Designer annimmt oder nicht? Mir stellt sich hier die Frage, ob die Annahme eines Designers die Forschung prinzipiell weiterbringen könnte.

Wissenschaft funktioniert nach Popper durch 'conjectures and refutations'. Das heißt, die Forscher stellen in einem ersten Schritt irgendwelche Vermutungen (conjectures) auf. Hierbei ist jegliche Phantasie nicht nur gestattet, sondern ausdrücklich gewünscht. Wenn jemand sich überlegt, wie ein intelligenter Designer an einer bestimmten Stelle nun vermutlich vorgegangen wäre, kann dies zu ebenso fruchtbaren Ansätzen führen wie jede andere weltanschauliche Grundhaltung. Wesentlich ist aber, dass dann im zweiten Schritt eine kritische Prüfung (refutations) erfolgt. Und die dafür zwingend erforderliche Grundlage ist, wie schon begründet, der Naturalismus. Selbst ID-Anhänger sprechen sich für diese Art der Forschung aus, um das zu klären, was so zu klären ist. Es könnte sich selbstverständlich zeigen, dass der Naturalismus an eine Grenze stößt. Es ist die Aufgabe der ID-'Theoretiker', zu zeigen, dass, und gegebenenfalls wo, diese Grenze existiert. Bisher ist noch nicht erkennbar, wo diese Grenze liegen könnte. ID-Anhänger könnten aber auch versuchen, zu zeigen, dass der Ansatz, 'SEINE Spuren zu lesen' prinzipiell Erfolg versprechender ist als andere Ansätze. Auch das ist bisher noch nicht geschehen.

1.0.5 Die Bedeutung mathematischer Modellbildung

Viele Argumente, welche die prinzipielle Begrenztheit des naturalistischen Ansatzes zeigen sollen, beruhen auf Aussagen aus dem Bereich der Mathematik.

Wichtig ist es in diesem Zusammenhang, zu beachten, dass es einen wesentlichen Unterschied zwischen Naturwissenschaften (beispielsweise der Physik oder Biologie) und Formalwissenschaften (die auch als Strukturwissenschaften bezeichnet werden, Beispiele sind Mathematik oder Informatik) gibt. In den letzteren befasst man sich mit Systemen, die aus anerkannten Theoremen unter Anwendung definierter Regeln zu in diesem System gültigen Aussagen gelangen. Über 'richtig' oder 'falsch' entscheidet hierbei nur, ob die Aussagen in sich schlüssig sind. Ganz anders sieht es in den Naturwissenschaften aus. Hier entscheidet letztendlich ein Vergleich mit der 'Welt an sich', ob bestimmte Aussagen über diese korrekt sind. Welche Konsequenzen diese Forderung nach Prüfbarkeit hat, werde ich unten näher darstellen. Man kann zwar auch im Bereich der Naturwissenschaften mathematische Modelle erstellen. Ob diese im Sinn von 'die Wirklichkeit korrekt beschreiben' zutreffen, kann aber nicht durch Analyse der mathematischen Gesetzmäßigkeiten der Modellierung entschieden werden (so können bestenfalls Inkonsistenzen erkannt werden), sondern nur dadurch, dass man aus diesen Modellen mögliche Beobachtungen ableitet, die dann geprüft werden können. Rein formale Argumente, wozu auch Wahrscheinlichkeitsrechnungen zählen, sind daher bestenfalls Hinweise darauf, dass vorgeschlagene Mechanismen problematisch sind.

Zur Veranschaulichung einfache Beispiele. Niemand wird bezweifeln, dass die Aussage '1 + 1 = 2' zutreffend ist, wenn ich die üblichen Annahmen über Zahlen und Operationen mit diesen mache. Diese Gleichung besagt, dass ich, wenn ich '1' nehme und '1' dazu gebe, '2' erhalte. Wenn ich diese Gleichung nun aber auf reale Systeme anwende, ist nicht gesagt, dass das Ergebnis auch dann stimmt. Wenn man statt der abstrakten '1' beispielsweise '1 Apfel' einsetzt, stimmt das Ergebnis: man erhält '2 Äpfel', wenn man einen Apfel nimmt und einen zweiten dazulegt. Wenn man aber '1 dreiviertel kritische Masse Uran' nimmt, und dieselbe Menge dazulegt, erhält man nicht '2 dreiviertel kritische Masse Uran', sondern eine nukleare Explosion. Es gelingt auch nicht, durch mathematische Überlegungen zu entscheiden, ob 1 ml Wasser, gemischt mit 1 ml Ethanol, 2 ml Gemisch ergeben (in diesem Fall erfolgt eine Volumenkontraktion, man erhält weniger als 2 ml Gemisch). Selbstverständlich kann man, wenn man das Ergebnis kennt, ein besseres mathematisches Modell für diese Systeme entwickeln, das die ermittelten Phänomene besser beschreibt. Das ist aber erst dann möglich, nachdem die entsprechenden Untersuchungen gemacht wurden.

Ob eine mathematische Modellierung auf natürliche Systeme zutrifft, kann man daher nur entscheiden, wenn man schon Kenntnis über diese Systeme hat. Niemand konnte bisher zeigen, dass Mathematik mehr als eine Sprache ist, mit der wir die Welt beschreiben. Wir können daher nur durch konkrete Forschung Kenntnisse über die Welt erhalten.

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[1] Natürlich spielt es eine Rolle, dass wir diese Forschung als Menschen betreiben. Streng genommen können wir nicht 'die' Welt, sondern nur 'unsere' Welt erforschen.

[2] Die Frage, ob es wirklich eine Welt, die von uns unabhängig existiert, 'gibt', oder ob wir sie nur so beschreiben, als ob es eine gäbe, spielt keine Rolle, so lange die von uns in Technik und Forschung verwendeten Gesetzmäßigkeiten funktionieren. Sie mag für Philosophen interessant sein, fim täglichen Leben wäre kein Unterschied festellbar.

[3] Dawkins schreibt im Vowort seines Buchs 'The Blind Watchmaker' über den Atheismus:

I can't help feeling that such a position, though logically sound, would have left one feeling pretty unsatisfied, and that although atheism might have been logically tenable before Darwin, Darwin made it possible to be an intellectually fulfilled atheist. (Dawkins 1986: 6)

 

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E-Mail an Thomas Waschke an Thomas Waschke
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15. Mai 2003
15. Mai 2003