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Die prominentesten ID-Anhänger sind, wie an anderer Stelle ausgeführt, fundamentalistisch orientierte Christen. Sie haben aber eingesehen, dass die Berufung auf die Bibel in akademischen Kreisen kein Argument in Sachfragen ist. Dazu kommt noch, dass in den USA die Behandlung von religiösen Themen im Unterricht an öffentlichen Schulen von der Verfassung verboten ist. Sie haben zudem erkannt, dass das größte Hindernis für jegliche Art von Religion der Erfolg des Naturalismus ist. ID-Anhänger können aber auch die Augen nicht vor der Tatsache verschließen, dass die modernen Naturwissenschaften, deren Grundlage eben dieser Naturalismus ist, gewaltige Erfolge, die sich nicht zuletzt in einer deutlichen Verbesserung der Lebensbedingungen der Menschen zeigen, erzielt haben. Deshalb stehen diese Naturwissenschaften bei vielen Menschen in hohem Ansehen. Konsequenterweise versuchen die ID-Anhänger daher, eine Möglichkeit zu finden, auf der einen Seite die Ergebnisse der Naturwissenschaften anzuerkennen, aber dennoch supranaturalistische Inhalte vertreten zu können. Daraus folgt die sogenannte Keil-Strategie ('Wedge-Strategy'). Johnson (1999), der Begründer der modernen ID-Bewegung, beschreibt dieses Verfahren mit folgenden Worten:
The metaphor of the Wedge portrays the modernist scientific and intellectual world, with its materialist assumptions, as a thick and seemingly impenetrable log. Such a log can be split wide open, however, if you can find a crack and pound the sharp edge of a wedge into it. There are a number of inviting cracks in modernism, but probably the most important one involves its creation story, and the huge gap between the materialist and empiricist definitions of science. (Übertragung)
Die Grundthese Johnsons ist, dass der Darwinismus nicht auf Fakten gegründet ist, sondern nur deshalb vertreten wird, weil er der materialistischen Grundlage der üblichen Philosophie entspricht. Wenn es also gelingen könnte, einen Keil zwischen Naturalismus und Wissenschaft zu treiben, könnte man sozusagen wieder Platz für einen Schöpfer schaffen. Wie soll das erfolgen?
Äußerst prägnant hat Johnson (1999) diese Auffassung des ID zusammengefasst:
It is that intelligent causes can do things that unintelligent causes cannot do, and scientific investigation can tell the difference. (Übertragung)Damit ist gemeint, dass es durch naturwissenschaftliche Methoden möglich sein soll, zu zeigen, dass naturalistische Ursachen ('unintelligent causes') prinzipiell nicht in der Lage sind, die Evolution zu erklären.
Um diese Aussage zu verstehen, muss man beachten, wie Johnson 'Wissenschaft' definiert. Er unterscheidet ein 'materialistisches Modell' von einem 'empirischen Modell'.[1] Johnsons erstes Modell schließt aus philosophischen Gründen alle übernatürlichen Wirkursachen aus und wehrt sich prinzipiell dagegen, den Materialismus infrage zu stellen. Sein 'empirisches Modell' hingegen definiert 'Wissenschaft' streng durch anerkannte Vorgehensweisen, eben wiederholbaren Experimenten.[2] Auf diese Weise könne entschieden werden, ob ein Phänomen naturalistisch erklärt werden kann, oder ob man einen Designer "postulieren" muss.
Konsequenterweise versucht die ID-Bewegung zu zeigen, dass die experimentellen Befunde, welche für den Darwinismus angeführt werden, bei näherer Betrachtung nicht haltbar sind. Dabei kommt ihnen zugute, dass viele, vor allem populär schreibende Autoren, Aussagen machen, die bei näherem Hinsehen zumindest in der allgemeinen Form nicht haltbar sind. Viele der sogenannten Evolutionsbeweise sind bei näherem Hinsehen zwar starke Argumente gegen eine bestimmte Auffassung von Schöpfung, lassen sich aber auch im Rahmen eines Schöpfungsmodells deuten. Homologien werden beispielsweise dadurch gedeutet, dass der Schöpfer eben ein 'Baukastensystem' verwendet hat. [3] Auch wenn diese Deutung nicht besonders überzeugend klingt, zeigt sie doch, dass es recht schwierig ist, Evolution im Sinne von Deszendenz zu beweisen. Wells' 'Icons of Evolution' [4], das zwar von Evolutionisten zu Recht scharf kritisiert wird (sogar Vertreter des ID erkennen an, dass das Buch nicht gelungen ist), macht doch deutlich, dass es gefährlich ist, Befunde zu blauäugig zu interpretieren bzw. Sachverhalte als geklärt zu postulieren, die es gar nicht sind. Hier findet ein Keil eine gefährliche Ansatzstelle.
Dieser eher 'destruktive' Part, die Widerlegung von Interpretationen der Evolutionsanhänger, ist aber nur ein Teil der Strategie. Ein Aufweis der sachlichen Unkorrektheit von bestimmten Auffassungen ist ja noch lange kein Argument für einen Designer. Daher besteht ein wesentlicher Teil der Strategie der ID-Anhänger darin, in der Natur sogenannte 'Design-Signale' zu finden. Hier sind vor allem die irreduziblen Komplexitäten zu nennen, die vor allem Behe in die Diskussion eingeführt hat.
Letztendlich zielen aber konstruktive und destruktive Argumente in dieselbe Richtung: sie erheben den Anspruch, wissenschaftliche Argumente darzustellen, die letztendlich belegen, dass der naturalistische Ansatz gescheitert ist. Sie wollen aufweisen, dass Naturwissenschaft zwar immer noch möglich ist, aber nicht mehr auf der Basis des Naturalismus stehen kann. Das liegt nach Auffassung der ID-Anhänger daran, weil mit naturwissenschaftlichen Methoden auf der einen Seite gezeigt werden kann, dass bestimmte Phänomene naturwissenschaftlich nicht erklärbar sind, und auf der anderen Seite, mit ebenfalls wissenschaftlichen Methoden, die Spuren des Designers in der Natur aufzeigbar sind. Auf die Begründungen der ID-Anhänger für ihren wissenschaftstheoretischen Ansatz gehe ich an anderer Stelle ausführlich ein.
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1 Eine ausführliche Gegenüberstellung findet man in (Johnson 1999).
2 Hier sei nur daran erinnert, dass man eine ähnliche Strategie auch bei Kreationisten findet. Diese differenzieren zwischen 'operational sicence' und 'historical science', beispielsweise in Batten, D.; (ed.), ; Ham, K.; Sarfati, J.; Wieland, C. (1999) 'The Answers Book. The 20 Most-Asked Questions About Creation, Evolution & the Book of Genesis Answered! Updated & Expanded' Queensland, Answers in Genesis
3 In den Arbeiten der Autoren der Studiengemeinschaft Wort und Wissen findet man diese Auffassung ausführlich dargestellt, beispielsweise in Junker, R.; Scherer, S.; (Hrsg.) (2001) 'Evolution. Ein kritisches Lehrbuch. 5., aktualisierte Auflage' Gießen, Weyel oder Junker, R. (2002) 'Ähnlichkeiten Rudimente Atavismen. Design-Fehler oder Design-Signale?' Holzgerlingen, Hänssler
4 Wells (2000) 'Icons of Evolution. Science or Myth? : Why Much of What We Teach About Evolution is Wrong' Washington, Regnery Pub.
an Thomas Waschke |
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15. Mai 2003 15. Mai 2003 |