Leserbrief von Klaus Wittlich, Köln vom 12.1.03


EVOLUTIONSBIOLOGIE GEGEN KREATIONISMUS

Mit großem Interesse habe ich die Argumentationen von Herrn Dr. Lönnig, Herrn Prof. Dr. Kutschera und Prof. Dr. Dr. Breidbach zur Kenntnis genommen. Zu diesen Artikeln möchte ich folgendes anmerken:

Herr Dr. Lönnig heißt nicht Walter Ekkehard, sondern Wolf - Ekkehard mit Vornamen.

Zum Abschnitt "Toleranzen in den Wissenschaften"
Herr Dr. Lönnig hat als Wissenschaftler das Recht, biologische Fakten zu veröffentlichen, die im Einklang mit seiner persönlichen, an einer Schöpfung orientierten Weltsicht sind. Damit wird der wertfreien Forschung kein Abbruch getan. Ebenso hat ein atheistisch - marxistisch orientierter Wissenschaftler das Recht, Öffentlich auf Fakten hinzuweisen, die im Einklang mit seiner Weltsicht sind, ohne deshalb gleich unwissenschaftlich zu sein. Wenn Herr Prof. Dr. Kutschera gezielt darauf hinarbeitet, dass wissenschaftlich haltbare Fakten nicht mehr genannt werden sollen, nur weil sie in Einklang mit einer - in diesem Fall religiösen - Weltsicht sind, dann ist das ein Akt der versuchten Zensur mit dem Ziel, anderen mögliches Faktenwissen vorzuenthalten, was der eigenen Weltsicht, der von Prof. Dr. Kutschera, zuwiderläuft.

Zum Abschnitt "Definition Kreationismus"
Prof. Dr. Kutschera schreibt: (letzter Satz): "Lönnig ist somit vom Anhänger der Schöpfungslehre (d. h. Kreationist) ..."
Schöpfungslehre ist die Lehre, dass Leben geschaffen wurde. Darwin publizierte: "Es ist wahrlich etwas Erhabenes um die Auffassung, dass der Schöpfer den Keim alles Lebens, das uns umgibt, nur weniger, oder gar nur einer einzigen Form eingehaucht hat ..." (Quelle: Reclam, Darwin: Die Entstehung der Arten, 1981, S. 678). Darwin vertritt hier eine (nicht biblische) Schöpfungslehre, und erfüllt damit das von Prof. Dr. Kutschera aufgestellte Kriterium eines Kreationisten. Dass ein Mann der exakten Wissenschaften wie Prof. Dr. Kutschera den allgemein üblichen und genau definierten Begriff des Kreationisten (der dazu noch sehr emotionsbehaftet ist, was als Folge die sachliche Auseinandersetzung erschwert), wie er in Science (von Dr. Lönnig teilweise zitiert) oder in der Encyclopaedia Britannica zu finden ist, aufgibt und durch eine derart weiche Definition ersetzt, dass sie selbst auf Charles Darwin anwendbar ist, ist auffällig und hoffentlich nicht typisch.

Zum Abschnitt "Aktuelle Diskussion zum Intelligent Design"
Prof. Dr. Kutschera schreibt: "Dieses postulierte übernatürliche Schöpfer -Wesen ...". Das Attribut übernatürlich dichtet dem Schöpfer - Wesen (so es nur ein einziges gibt) unnötigerweise metaphysische (und damit wissenschaftlich nicht fassbare) Eigenschaften an. Es kann doch nicht ohne zwingende Gründe ausgeschlossen werden, das es genau so wenig metaphysisch (und damit wissenschaftlich nahezu irrelevant) ist wie z. B. der / die Erbauer der Pyramiden, die noch heute indirekt durch ihre Hinterlassenschaften wahrgenommen werden können.

Zum Abschnitt "Makroevolutionistisches Meinungsmonopol"
Prof. Dr. Kutschera schriebt: "Da es keine plausible naturalistische Alternative [zur ET] gibt..." und "Nur reale Dinge sind erforschbar und in die Theorienbildung einzubeziehen." Menschliche Schöpfer von z. B. Flugzeugen sind naturalistische Erklärungen, warum soll ein Schöpfer des Lebens prinzipiell keine naturalistische sein?
Wenn ein Schöpfer - Wesen ein reales Ding ist, dann ist es auch an Hand seiner Auswirkungen, wie z. B. die Erbauer der Pyramiden auch, prinzipiell erforschbar und in die Theorienbildung einzubeziehen. Wenn ein Schöpfer-Wesen nicht existiert, dann ist es mangels Wechselwirkungen mit unserer Welt auch prinzipiell nicht erforschbar. Warum ein Schöpfer / Konstrukteur als Ursache für Makromoleküle, Motoren, Datenverarbeitungsanlagen, Sonarsysteme etc. weder plausibel noch naturalistisch sein soll, ist mir mehr als schleierhaft.

"ID kann weder überprüft noch widerlegt werden". Testkriterien für ID findet man u. a. auf der bekämpften Homepage von Dr. Lönnig unter http://www.mpiz-koeln.mpg.de/~loennig/IntelligentDesign.html . Andererseits habe ich bei ET - Argumentationen oft Begründungen gefunden, die sich auf Fakten berufen, die man erst in der Zukunft finden wird, die man z. Z. also noch nicht hat. Hier liegt eine von der wissenschaftlichen Methodik abweichende Vorgehensweise vor. Typischer Weise argumentiert man mit Fakten, die man hat, nicht mit denen, die man nicht hat.

Prof. Dr. Kutschera schriebt: "Die "ID - Theorie" erklärt alles - und somit nichts." Die ID - Theorie erklrt viele Wozu - Fragen nicht, diese müssen im Rahmen dieser Theorie noch erforscht werden. Z. B., wozu haben wir ein Bewusstsein.

Prof. Dr. Kutschera schreibt: "Da derartige Dogmen, wie z. B. auch der Leitsatz der Homöopathie (geistartige Wirkung ohne Wirkstoff), nicht überprüfbar sind, ..." Man kann prinzipiell durch Doppelt - Blindversuche die Wirksamkeit homöopathischer Arznei testen - wie man es bei anderen Medikamenten auch macht - und so entscheiden, ob eine Wirkung vorliegt.

Zu der Argumentation von Prof. Dr. Dr. Breidbach fällt auf, dass nicht aus dem Film zitiert wird, geschweige eine Aussage, die im Film gemacht wird, an Hand biologischer Befunde widerlegt wird. Statt dessen werden allerlei Vorwürfe gegen den Film und seinen Autor, Herrn Poppenberg, erhoben und durch das Nachsagen von unredlichen Praktiken und Nennung der Scientology - Sekte soll anscheinend Angst geschürt werden. In der Aussage "Keiner der beteiligten Wissenschaftler des Ernst - Haeckel - Hauses oder anderer Wissenschaftshistoriker stehen auch nur im Ansatz hinter der Grundaussage des Filmes" sehe ich als Physiker hier durchaus Parallelen zu dem Buch "100 Autoren gegen Einstein", wo man versuchte, mehr durch das Gewicht der Autorität als durch Sachargumente die Relativitätstheorie zu entkräften. Einstein sagte darauf: "Wenn ich Unrecht hätte, wäre einer genug.". Solange solide Sachargumente ausbleiben, erhebt sich zwangsläufig die Frage, welche Seite unseriös argumentiert.

Mit freundlichem Gruß

Dipl.- Phys. Klaus Wittlich